Neue Landschaft, Pariser Jahre
"Wohnkubus mit Keimlingen", 1972, Farbstift, Tusche auf Karton, 73 x 51 cm
DEUTSCHE KUNST;
Eine neue Generation III
Zwischen Surrealismus und abbildhafter Präzision wird das Thema
des Raumes in der heutigen deutschen Malerei ausgespielt.
Wirklichkeit wird dabei oft in einer Direktheit vorgespielt, dass das
Abbild nicht selten in die Nähe von Genremalerei gerückt wird.
Peter Tuma entgeht dieser Gefahr, indem er seine Landschaften in
einen Kontrast von organischen Naturformen und reglementierenden
technizistischen Elementen bringt. Rostige, zerbrochene Gitterformen,
sich verschiebende Bodenplatten, die zerbröckeln und in Wulstformen
übergehen, sind typisch für diese Kompositionen. Widerhaken oder
mühsam gestützte Wände bringen in Tumas Zeichnungen und Bilder
Metaphern für Zerfall und Aggression ein. „Landschaft“ und Raum
werden auch hier als artifizielle und manipulierbare Sujets begriffen,
die innerhalb des Bildes nicht nur die Funktion des Reports übernehmen.
Tuma benutzt dabei oft serielle Gruppierungen, die unterbrochen werden
durch irreguläre, malerisch nuancierte Farbbewegungen. Starres und
Dynamisches stehen sich dabei gegenüber.
DAS KUNSTWERK . Rolf Gunter Dienst , 1971

Bandagen aus Beton, Bilder von P.Tuma
Galerie Walther, Düsseldorf
Wie sehr die Natur ins Hintertreffen gerät, wenn sich Technik
in ihr breit macht, gehört zum konsequenten Hauptthema
Peter Tumas. Seine Landschaften sind bandagiert, und ein
„Bergsee“ ist in die kalte Umrahmung eines künstlichen
Rechtecks eingemauert.
Mit Naturalismus hat das natürlich nichts zu tun, eher –
wenn man unbedingt ein Etikett finden will – mit kritischem
Realismus, der in bewusst gewählten Ausschnitten darstellt,
wie sehr die Natur ein „großes Bauland“ geworden ist, in das
Industrieanlagen wie Kraft- und Stauwerke ihre kaum zu
tilgenden Teer und Betonspuren eingraben. Wobei seltsamerweise
diese Spuren fast genau so gigantisch sind wie die Landschaft.
Und doch wird man nicht froh angesichts dieses technischen
Fortschritts.
NEUE RHEIN RUHR ZEITUNG . Alfred Müller-Gast

NEUE FORMEN DES REALISMUS
„... auch Peter Tumas naturalistische Landschaften ohne Natur, seine
Blockfigurationen, Eisenroste und Gitter sind weniger Abbild als
Abbreviaturen von Wirklichkeit. In einer bestimmten Weise scheint mir
mir dieser abstrakte Realismus „radikaler“ als der „radical realism“ der
Amerikaner.
MAGAZIN KUNST . Peter Sager , 1971
"Stein III", 1976,
88,5 x 107 cm
Tusche, Farbstifte auf Karton,
Privatsammlung Paris
AUS DEN FUGEN GERATEN
Der Maler Peter Tuma in der Düsseldorfer Galerie Walther
Der 34 jährige Peter Tuma gehört zu den verheißungsvollsten deutschen
Künstlern der jüngeren Generation. Seine Auszeichnungen lassen sich
zwar noch an einer Hand abzählen - er ist u.a. Rompreisträger – aber
seine hintergründige Thematik in Verbindung mit einer brillanten Technik
machen immer mehr auf ihn aufmerksam.
In einer Ausstellung in der Düsseldorfer Galerie Walther variiert er ein
einziges „Thema“, den Kontrast zwischen Genormtem und Zersetzendem,
zwischen Geometrie und Wucherung, zwischen Konstruktion und Dekonstruktion.
Perfektion und Morbidität. Dieses formbestimmte Thema spielt er jedoch
nicht abstrakt durch, sondern lässt es in Partikeln der gegenständlichen Welt
Wirklichkeit werden. So gibt es Ausschnitte und Querschnitte eines Geländers
oder eines Gitters, er reiht Eisenspitzen oder Steinquader aneinander. In diese
starre Einheitlichkeit bricht dann das Unberechenbare ein: Blasiger, breiiger
Schlamm quillt aus den Fugen; Pilzkulturen heben die Bodenplatten hoch;
Keimlinge breiten sich aus; Lava schiebt sich über den Strand; es bröckelt
an den Rändern der „Landschaftsstücke“; Planen können nur mühsam diesen
Wildwuchs überdecken, Armiereisen die Blöcke zusammenhalten.
Tuma nimmt die aus den Fugen geratene Welt wörtlich beziehungsweise
bildlich. Er gibt ein Sinnbild unserer öden, standardisierten Erde, deren
Leben sich nur noch in Wucherungen äußert. Die Zivilisation hat den
Organismen die Gestalt entrissen, hat den Menschen in der Masse untergehen
lassen, hat der Landschaft die Natur genommen. Das Leben rächt sich, aber
nicht im Vollbesitz seiner Kraft, sondern als degeneriertes Kellergewächs.
Tumas Gesellschaftskritik ist nicht direkt, sondern zeigt sich in einem
surreal anmutenden Realismus. Dennoch verzichtet er nicht auf
ästhetische Reize. Seine rostigen Töne in den Gouachen und Drucken
tasten die feinsten Farbstufen ab. Pulvrige Farben, Kreiden und
Buntstifte werden in den Handzeichnungen aufgetragen und zum
Teil wieder ausradiert, so dass der Eindruck von Höhung entsteht,
wie sie die alten Meister verwandten. Schrunzen sind mit Asche
bewirkt, harte Stifte drücken Konturen ins Papier. Die Drucke bezeugen
mit welcher technischen Bravour scheinbar monochrome Farbflächen
entwickelt werden, wobei bis zu sieben Druckvorgänge für ein Grau-Braun
notwendig werden.
DÜSSELDORFER NACHRICHTEN , H.M. , 1972
"Stauwerk", 1974, 105 x 88 cm,
Bleistift auf Karton
VIELDEUTIGE SPUREN UNSERER ZIVILISATION
Vier Ausstellungen in der Münchner Maximilianstrasse
Peter Tuma bei Buchholz. Die Wiederbegegnung mit Tuma, der vor sechs
Jahren zum letzten Male in München ausgestellt hat und damals zur ersten
Wahl der neuen realistischen Zeichner gehörte, zeigt den Künstler gereift,
entschiedener, selbstverständlicher im Einsatz seiner meisterlich beherrschten
Mittel. Waren damals im einengenden Fachwerk seiner Welt aus geometrischen
Kästen noch allenthalben Spuren vegetativen Lebens gegenwärtig, so fällt heute
die totale Abwesenheit jeglichen Lebens auf.
Tuma zeichnet Motive aus der heutigen Welt, aber er isoliert und präsentiert sie
wie archäologische Funde von einem längst nicht mehr belebten Planeten, wie Spuren
einer untergegangenen, offensichtlich brutalen Zivilisation.
Dass er mit seinen großformatigen Bildern so etwas wie eine Ästhetik der Betonruine
vorwegnimmt, ist zwar nicht gerade tröstlich, suggeriert aber mögliche Sehweisen
zukünftiger Betrachter unserer Gegenwart. Neu bei Tuma sind ebenfalls großformatige
Acrylbilder von sparsamer Farbigkeit und freier Verwendung realistischer Stilmittel.
Auch sie führen die urbane Welt verschüttet und geborsten aus befremdeter, faszinierter
Distanz vor. Dazu kahle Berge mit zeichenhaften Bemalungen und Spuren nicht mehr
deutbarer Bearbeitung. Tumas Zukunft hat längst begonnen.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG , Wolfgang Längsfeld , 1977
"Grüne Landschaft bandagiert", 1973
135 x 120 cm, Acryl auf Leinen
Privatsammlung Paris
KÜNSTLER AUS DEM documenta „EXCLUSIVKLUB“
Ein Holländer und ein Wolfenbütteler.
Doppelausstellung Ger van Elk und Peter Tuma im Kunstverein Braunschweig
Während noch in Kassel der von vielen heftig umstrittene internationale Jahrmarkt der Bildenden Künste, die „documenta“ Besucherströme anzulocken vermag, hat der Kunstverein Braunschweig, seine Pforten nach der Sommerpause wieder geöffnet, um mit dem in Deutschland nur Kennern bekannten niederländischen Maler Ger van Elk und seinem, in Wolfenbüttel lebenden Kollegen Peter Tuma, dessen Werk der Kunstverein schon einmal vor nun vierzehn Jahren präsentiert hat, zwei Künstler vorzustellen, die beide zum Exklusivclub der diesjährigen documenta 6 Aussteller gehören.
„Landschaftsgitter und –planung“, „Landschaftsteilung“, sowie „Landschaftsstufung“ „Landschaftsverschnürung“ und andere „Landschaften“ sind Schlüsselbegriffe, die eine erste Klassifizierung zu den im Obergeschoss ausgestellten Werken des Wolfenbütteler Malers Peter Tuma ermöglichen, die aber andererseits allzu leicht zu einer zu groben, oberflächlichen Zuordnung zu der in der Mitte der sechziger Jahre in der Malerei aufkommenden realistischen Kunstströmung, die man unter dem Begriff der „Neuen Landschaft“ zusammenfasst, verleiten könnte. Selbstverständlich ist der Bedeutungsträger „Landschaft“ durch Tumas bewussten Verzicht auf menschlich-figürliche Darstellung, ein wichtiger, wenn nicht der zentrale Assoziationsausgangspunkt für bildnerische, in ihrer leblos stillen Dimension beeindruckende Konstruktionen einer irgendwo erlebten Umwelt, die nunmehr durch bemüht falsche Perspektive und eine penibel realistische, handwerkliche Ausführung auf neue, manchmal surreale Bereiche berührende Weise verdinglicht wird. Ohne süßliche Sentimentalität gegenüber dem Dargestellten gelingt es Tuma im wahrsten Sinne des Wortes „Eindrücke“ technisierter Welt mit seinen vorrangig optisch-sinnlich gewordenen Erfahrungen, wie er sie beispielsweise in der leblos stillen Bergwelt des Himalaya gemacht hat, zu einer eindringlichen Synthese zu verknüpfen.
Beide Ausstellungen zeigen wichtige künstlerische Bestrebungen der neueren Entwicklung.
BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG , Harald Hilpert , 1977
"Bauland '79", 1979,
120 x 100 cm, Acryl auf Leinen
Privatsammlung Paris
"Große Bergbemalung", 1976, 162 x 130 cm , Acryl auf Leinen, Privatsammlung Braunschweig
PETER TUMA
GALERIE KARL FLINKER PARIS
Ce jeune artiste allemand exposé pour le premiére fois en France,
succédant, dans la méme galerie à Gäfgen, confirme la vitalité
du renouveau de la peinture réaliste allemande.
Dessins et peintures, dans une facture précieuse opèrant des
prélèvements sure des terrains où se rencontrent tout les pollusions
contemporaines. Comme un herbier désignant un paysage, les parcelles
„grandeur natur„ reconnues par la plume et le pinceau de Tuma sont des
terres recouvertes d’acier ou de toiles goudronnées. Parmi eux, une
chemise maculée „Chemise chilienne, hommage à Gnoli“ Le point d’ancrage
de cet art minutieux est clair, les beautés esthétiques ont le droit de parole.
QUINZAINE LITTÉRAIRE Paris , 1974
"Spielplatz I", 1974
180 x 150 cm, Acryl auf Leinen
Privatsammlung Paris